Freitag, 20. März 2015

[Rezension] - Das Lied des Blutes - Rabenschatten

Anthony Ryan I 2014 I Klett-Cotta I Fantasy

Vaelin Al Sorna, der berühmteste Gefangene des Reichs und sein größter Kämpfer, erzählt die atemberaubende Geschichte seines Lebens. Er ist auf einem Schiff unterwegs, das ihn zu dem Ort bringen soll, an dem es für ihn um Leben und Tod geht. »Er besaß viele Namen. Noch nicht einmal dreißig Jahre alt war er im Lauf der Geschichte bereits reich mit Titeln beschenkt worden: ›Schwert des Königs‹ hieß er für den wahnsinnigen Herrscher, der ihn als Geißel zu uns sandte; ›Junger Falke‹ für die Männer, die ihm in die Wirrnisse des Krieges folgten; ›Dunkelklinge‹ für seine cumbraelischen Feinde und ›Rabenschatten‹ für die geheimnisvollen Stämme des großen Nordwaldes.«

 »Bei meinem Volk war er nur unter einem Namen bekannt, und dieser hallte an jenem Morgen unablässig in meinem Kopf wider: ›Hoffnungstöter‹. Bald wirst du sterben, und ich werde Zeuge sein, ›Hoffnungstöter‹.«

Charaktere 
Hauptcharakter ist, wie bereits in der Beschreibung erwähnt, Vaelin Al Sorna. Am Anfang weiß man nur, dass sich diese offenbar nicht unbekannte Persönlichkeit auf dem Weg zu einem Kampf auf Leben und Tod befindet. In einer Art Rahmenhandlung erzählt er einem kaiserlichen Geschichtsschreiber die Geschichte seines Lebens. Wir lernen Vaelin als einen kleinen Jungen kennen, der von seinem Vater zum Haus des sechsten Ordens gebracht wird, wo er im Namen des Glaubens zu einem Krieger ausgebildet wird. Es fiel mir nicht schwer für den Hauptcharakter Sympathie aufzubringen und an seiner Geschichte teilzuhaben. Im späteren Verlauf der Geschichte kommen weitere Charaktere dazu, darunter die äußerst intrigante Königsfamilie und Vaelins Geliebte, die Heilerin Sharin aus dem fünften Orden. Der Autor verstand sich auf die Charakterentwicklung, da die Geschichte einen relativ langen Zeitraum abdeckt und man deutlich merkt, wie sich Vaelin und seine Freunde im Laufe der Zeit verändern, wie sie von ängstlichen kleinen Jungen zu furchtlosen Kriegern und Anführern heranwachsen. Die meisten Charaktere waren zwar einfach gestrickt, aber ich konnte mit ihnen schnell mitfühlen. Besonders hat mir Sharin mit ihrer zurückweisenden Art gefallen, in die sich Vaelin trotz Meinungsverschiedenheiten verliebt.

Weltenbau
Vaelins Geschichte spielt in einer fiktiven Fantasy-Welt, deren Details auf der wunderschön gestalteten Umschlagkarte dargestellt sind. Obwohl die meisten Elemente bereits vertraut sind, haben mich vor allem die unterschiedlichen Religionen von der Einzigartigkeit dieser Welt überzeugt. In Vaelins Heimatlanden wird der Glaube sehr ernst genommen - und damit ist keineswegs der Glaube an Götter gemeint, sondern an die Seelen im Jenseits. Götter sind in Vaelins Augen lediglich Trugbilder. Ich bin gespannt, welche Geheimnisse das Jenseits noch birgt, denn offenbar lauern dort eine Menge Gefahren, die die Welt der Sterblichen bedrohen könnte.. Vaelins Welt ist ziemlich düster - es mangelt nicht an finsteren Burgen, epischen Schlachten und heruntergekommenen Städten, aber ich würde sie nicht mit Westeros vergleichen.

Handlung
Die gesamte Handlung ist in eine Rahmenhandlung aus der Ich-Perspektive eines Geschichtenschreibers aus dem Kaiserreich eingebettet. Dieser lässt sich von dem bereits erwachsenen Vaelin Al Sorna seine Geschichte erzählen, die der Leser aus Vaelins Perspektive hautnah miterleben kann. Es kommt dabei zu großen Zeitsprüngen, was die Spannung des Buches keineswegs einschränkt. Selbst am Anfang fiebert man bereits mit Vaelin und seinen neu gewonnenen Freunden im Ordenshaus mit und erfährt mit fortschreitender Handlung wie er zu seiner Ansammlung von Titeln gekommen ist und schließlich in kaiserliche Kriegsgefangenschaft geriet. Das Buch lässt sich flüssig lesen, obwohl man durchaus Zeit für die 800 Seiten mitbringen sollte. Ein echter Fantasy-Wälzer, der Lust auf mehr macht und einen auf die Fortsetzung warten lässt. In die Handlung ist eine sich langsam anbahnende Liebesgeschichte eingeflochten, die mir sehr gut gefallen hat, denn ich wollte Vaelin und Sharin schon seit ihrer ersten Begegnung zusammen sehen.

Sprache
Mir sind beim Lesen keine großen Besonderheiten in der Sprache aufgefallen, was eigentlich ein gutes Zeichen ist. Der Autor lässt sich Zeit seine Welt zu beschreiben, sodass sich eine sehr eindringliche Atmosphäre entwickelt. Ich hatte beim Lesen dadurch das Gefühl in die Welt komplett eintauchen zu können. Anthony Ryan beherrscht sein Handwerk als Autor. Weder zu viele noch zu wenige Details schmücken die Sätze, sodass man sie einfach lesen kann und trotzdem eine genaue Vorstellung von den geschilderten Ereignissen und Schauplätzen bekommt.

Fazit
"Das Lied des Blutes" ist ein absolut lesenswertes Fantasy-Epos, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Von den Kritikern wurde es hochgelobt und ich freue mich ihnen in nahezu allen Punkten zustimmen zu können. Mit "A Song Of Ice And Fire" ist das Buch zwar nicht vergleichbar, aber es kann in Sachen Charakteren, Spannung und Weltenbau auf voller Ebene überzeugen. Ich kann das Buch nicht mit Meisterwerken auf eine Stufe stellen, weswegen ich 4,5 Punkte erteile - für meine Verhältnisse eine sehr gute Wertung. Ich war wirklich positiv überrascht von dem Buch - haben mich doch der Klappentext und der Prolog eher nicht gelockt. Aber hinter dem eher nichtssagenden Cover versteckt sich ein sehr spannendes und fesselndes Buch, das ich euch wärmstens weiterempfehlen kann.

Positiv
+ Charaktere und Charakterentwicklung
+ Liebesgeschichte
+ Spannung
+ Religion und Magie

Bewertung
4,5 I 5

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